Es ist ein verbreiteter Irrtum,
anzunehmen, dass bei Ehepaaren der überlebende Ehegatten von Gesetzes
wegen alles erbt.
Die
gesetzliche Erbfolge hängt davon ab, welche Verwandten eine
Erblasserin oder ein Erblasser hat. Bei einer Familie mit Kindern wird
beim Tode eines Elternteils der überlebende Ehegatte einen Erbteil von
der Hälfte des Nachlassvermögens, und die Nachkommen zu gleichen Teilen
nach Stämmen die andere
Hälfte erhalten.
Bei
den
Pflichtteilen handelt es sich um
Bruchteile der gesetzlichen Erbteile, die den pflichtteilsgeschützten
Erben nicht entzogen werden können. Die
Nachkommen
besitzen mit drei Vierteln den grössten Pflichtteil. Die Eltern und der
überlebende Ehegatte oder der eingetragene Partner besitzen je die
Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs. Alle übrigen Erben besitzen keinen
Pflichtteil. Verletzte Pflichtteile können durch die Herabsetzung (mit
einer Klage oder einredeweise) geltend gemacht werden.
Durch ein Testament,
einen Erbvertrag oder einer Vermögensabtretung auf Rechnung
künftiger Erbschaft können Sie Ihre Erbfolge individuell gestalten.
Insbesondere kann dadurch dem überlebenden Ehegatten eine sogenannte
Meistbegünstigung zugewiesen werden, so dass gemeinsame Nachkommen ihre
Erbansprüche erst geltend machen können, nachdem beide Eltern verstorben
sind.
Wie setzt sich das Nachlassvermögen
zusammen? Das hängt bei Ehepaaren in erster Linie davon ab, unter
welchem
Güterstand sie stehen. Erst nach der güterrechtlichen
Auseinandersetzung kann die Berechnung des Nachlassvermögens vorgenommen
und damit die Höhe der einzelnen Erbteile bestimmt werden.
Mit einer
Gesetzesrevision
beabsichtigt der Bundesrat, das
Pflichtteilsrecht der Eltern aufzuheben und dasjenige der Nachkommen von
bisher 3/4 auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils zu reduzieren (siehe
Botschaft des Bundesrates ans Parlament zur Änderung des
Schweizerischen Zivilgesetzbuches ZGB vom 29.8.2018). Das ermöglicht
einem Testator, namentlich in Patchworkfamilienverhältnissen, eine
grössere verfügungsfreie Quote beispielsweise seinem Lebenspartner oder
Stiefkindern
zuweisen zu können.
Gesetzliche Erben |
Gesetzlicher Erbanspruch |
Pflichtteil |
Frei verfügbare
Quote |
|
Geltendes
Recht |
Gemäss
Botschaft |
Geltendes
Recht |
Gemäss
Botschaft |
Gemäss
Botschaft |
Nachkommen
|
|
|
|
|
|
sofern der
Erblasser keine anderen gesetzlichen Erben hinterlässt) zu
gleichen Teilen nach Stämmen |
1/1
des Nachlasses |
1/1 |
3/4 |
1/2 |
1/2 |
Nachkommen
und Ehegatte (resp. eingetragener Partner) |
|
|
|
|
|
- Nachkommen |
1/2
des NL |
1/2 |
3/4
resp. 3/8
des NL
|
1/2
resp. 1/4
des NL |
1/2
des NL
|
- Ehegatte |
1/2
des NL |
1/2 |
1/2
resp.1/4
des NL |
unverändert |
Ehegatte
/eingetragener Partner |
|
|
|
|
|
- sofern der
Erblasser keine anderen gesetzlichen Erben hinterlässt |
1/1
des NL |
1/1 |
1/2 |
unverändert |
1/2
des NL |
- sofern der
Erblasser keine Nachkommen, aber Eltern hat |
3/4
des NL |
3/4 |
1/2
resp. 3/8
des NL |
unverändert |
1/2
des NL |
Eltern
|
|
|
|
|
- sofern der
Erblasser keine Nachkommen aber Ehegatten/eingetragenen
Partner hat |
1/4
des NL |
1/4 |
1/2
resp. 1/8
des NL |
kein
Pflichtteil
mehr |
- sofern der
Erblasser nur Eltern oder Erben des elterlichen Stammes hat |
1/1
des NL |
1/1 |
1/2 |
kein
Pflichtteil |
ganzer
Nachlass |
|